Versuchung by Juliane Maibach

Versuchung by Juliane Maibach

Autor:Juliane Maibach [Maibach, Juliane]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Paranormal
veröffentlicht: 2013-10-26T22:00:00+00:00


In der Stadt herrschte reges Treiben. Die Leute gingen ihrer Arbeit nach, schoben Karren, priesen ihre Waren an oder erledigten ihre Einkäufe. Die meisten Häuser wirkten recht einfach, waren allesamt aus grauem Stein mit dunklen Ziegeln auf dem Dach. Dazwischen stachen hier und da aber auch imposantere Gebäude hervor, die mit wunderschönen Bildern bemalt und mit Giebel oder Statuen ausgestattet waren.

Es war ungewohnt, sich nach so langer Zeit wieder unter diesen Massen von Leuten aufzuhalten. Die vielen Stimmen vermischten sich zu einem aufgeregten Summen, ich hörte fremde Sprachen und sah die unterschiedlichsten Dämonen. Viele trugen Gewänder, die mich ans Mittelalter erinnerten. Andere wiederum waren recht modern gekleidet. Dazwischen liefen aber auch einige umher, die ebenfalls in Kutten gehüllt oder sogar schwer bewaffnet waren.

„Ich hab noch was zu erledigen“, erklärte Devil. „Am besten seht ihr euch erst mal allein um und wir treffen uns gegen Abend wieder hier.“ Er wandte sich ab und verschwand in der Menge.

„Das kann nichts Gutes bedeuten“, murmelte Marid leise.

„Träum ruhig weiter“, meinte Banshee und schritt voran. „Dann mal los.“

Wir hielten auf den Marktplatz zu, wo sich ein Geschäft an das andere reihte und Straßenverkäufer ihre Ware feilboten.

Vor einem kleinen Stand mit Porträtgemälden blieb ich stehen. Ein älterer Mann mit eisblauen Augen saß auf einem kleinen, hölzernen Hocker. Er trug einen schäbigen, abgetragenen Umhang und hatte eine Staffelei vor sich aufgebaut. Ein Stuhl stand ebenfalls dort, auf dem sich der zu Porträtierende niederlassen konnte. Die Bilder, die er gezeichnet hatte, waren detailreich und wunderschön. Auf unbestimmte Weise faszinierten sie mich. Es lag nicht nur an der Technik und den naturgetreuen Farben, sondern da war noch etwas anderes, was meine Aufmerksamkeit erregte. Ich hatte das Gefühl, als hätte der Maler bei jedem Porträt die jeweilige Persönlichkeit eingefangen. Der Mann sah mich an, wobei ihm einige seiner langen weißen Haarsträhnen ins Gesicht fielen.

„Na, wie wäre es mit einem hübschen Bild? Es ist wirklich nicht teuer.“

Ich überlegte einen Moment. Natürlich hatte ich kein Geld dabei, und auch wenn mir diese Bilder gefielen, so konnte ich schlecht auf unserer Reise ein Gemälde mitschleppen. Bevor ich jedoch antworten konnte, spürte ich eine Hand, die sich schwer auf meine Schulter legte und mich zurückzog.

„Halt dich von ihr fern!“, zischte Marid den Maler an und zog mich mit sich.

„Du musst echt besser aufpassen“, erklärte er.

Ich sah ihn erstaunt an. Warum reagierte er so heftig?

„Der Kerl ist ein Jumach. Wer von ihm porträtiert wird, verliert sein Leben. Die Bilder sehen so lebendig aus, weil die Seelen der Abgebildeten darin stecken.“

Ich sah ihn erschrocken an. „Warum sollte sich dann überhaupt jemand von ihm malen lassen?“

„Dämonen erreichen ein hohes Alter. Manche werden darüber lebensmüde, weshalb sie sich nach einem schnellen Ende sehnen. Die Porträtmalerei der Jumach bietet dafür eine einfache und schmerzfreie Methode.“

Die Vorstellung fiel mir schwer. Man musste wirklich sehr verzweifelt sein, einen solchen Weg zu wählen.

„Wo ist Banshee?“, fragte ich, als ich sie nirgends sehen konnte.

„Sie will sich noch ein bisschen alleine umsehen“, erklärte er.

Sie hatte sich also einfach aus dem Staub gemacht … Er bemerkte meinen Gesichtsausdruck und lächelte mir aufmunternd zu: „Ach, komm.



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